12. Januar 2023

Das Beluga-Dreieck im Wendland


In der Nähe von Gorleben im Wendland in Niedersachsen befindet sich das Beluga-Dreieck. Auf GoogleMaps ist es als Sehenswürdigkeit und als Museum gekennzeichnet. Und tatsächlich: hier steht ein ungewöhnliches Mahnmal. Ein Schiff mitten in einem Waldgebiet. Aber was hat es damit auf sich?



Zuerst fragt man sich natürlich, wie da ein Schiff in den Wald kommt, wo doch gar kein Wasser in der Nähe ist. Doch ein kleiner Rundgang auf dem Gelände schafft schnell Erhellung. Das Schiff namens Beluga ist ein Aktionsschiff der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Der Name Beluga stammt übrigens vom Weißwal ab, welcher so Beluga genannt wird. Greenpeace hat derzeit noch ein weiteres Schiff mit dem Namen Beluga II im Dienst.



Die Beluga wurde 1960 in Dienst gestellt und später von 1985 bis 2004 von Greenpeace als Laborschiff eingesetzt. In der Irischen See beim britischen Nuklearkomplex Sellafield nahm das Schiff Proben, mithilfe derer nachgewiesen werden konnte, dass die Nordsee mit Nukliden belastet ist. Ein Nuklid ist eine Sorte von Atomen - weitere Infos dazu auf Wikipedia. Dieser Nachweis stellte für Greenpeace einen großen Erfolg in der Arbeit der Organisation dar und das Laborschiff Beluga wurde zum Symbol der Anti-Atombewegung.

Im Jahr 2013 wurde das Schiff dann in der Nähe des Salzstockes von Gorleben und dem Atommüll-Zwischenlager aufgestellt. Es soll mahnen! Denn bis 2011 fanden immer wieder Castor-Transporte nach Gorleben statt, um atomaren Müll im Salzstock zu lagern. Seit 2015 wird der Ort, wo dieses Schiff nun in einem Waldstück an einer Straßenkreuzung steht, als Beluga-Dreieck bezeichnet. Selbst ein Ortseingangsschild gibt es für dieses Areal. Namensgeber sind Aktivisten der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg.


Der Salzstock Gorleben wurde seit 1986 als Bergwerk errichtet, um zu erkunden, ob hier ein Endlager für radioaktive Abfälle entstehen kann. bis zum Jahre 2020 stand Gorleben als Endlager zur Debatte. Viele Jahre also, in denen sich zunehmend Widerstand in und um Gorleben formierte. Im Juni 2022 dann wurde Plan des Endlagers verworfen und die Verfüllung der Schachtanlagen beauftragt. Aber der Widerstand ist auch heute noch zu sehen - fast jedes Haus in der Umgebung von Gorleben ziert ein gelbes X und auch am Beluga-Dreieck scheint noch nicht Schicht im Schacht zu sein.



Das gelbe X ist gerade im Wendland zum Symbol für den Widerstand geworden. Aber warum ausgerechnet ein X? Die Erklärung ist recht einfach. Der erste Tag eines Atommüll-Transport-Termins wurde als Tag X bezeichnet.



Neben dem Schiff findet sich auch eine Hütte, Infotafeln und Sitzgelegenheiten am Beluga-Dreieck. Die Location ähnelt einem Camp. Und da hat es eigentlich auch seinen Ursprung. 1980 nämlich wurde die Republik Freies Wendland ausgerufen und bestand einen Monat lang als Hüttendorf auf einer Waldlichtung, wo eine Tiefbohrstelle geplant war. 2010 wurde am Beluga-Dreieck die Schutzhütte in Erinnerung an das 30 Jahre zuvor bestehende Hüttendorf errichtet.


Schmunzeln musste ich, als ich bei  meiner Recherche las, dass dort wo damals das Hüttendorf bei Gorleben stand, 37 Jahre später archäologische Untersuchungen stattfanden. Man fand dabei um die 450 Gegenstände, welche der Zeit um 1980 zugeordnet werden konnten. Es gibt tatsächlich ein Projekt zeitgeschichtlicher Archäologie zur Alltagskultur des späten 20. Jahrhunderts. Also spätestens wenn man sowas liest, weiß man, dass die eigene Alterung fortschreitet.

Neben Schiff und Hütte gibt es am Beluga-Dreieck reichlich Informationen. Ein sehr interessanter Zeitstrahl direkt hinter dem Schiff veranschaulicht die Aktionen des Widerstandes und ist wirklich betrachtenswert. Auf dem Gelände, wo die Hütte steht, gibt es Infotafeln, welche den Protest veranschaulichen und in der Hütte selbst kann man sich auch noch zum Thema Atommüll und den diversen Lagerorten informieren.



Auch wenn das Thema mit dem Endlager für Gorleben vom Tisch zu sein scheint, der Widerstand scheint in der Region tief verankert. So im letzten Zipfel der BRD umgeben von der ehemaligen DDR wollte man vergraben, was niemand auch nur in seiner Nähe haben will.

Und wenn man das Beluga-Dreieck heute besucht, bringt man schon etwas Bewunderung für diese Art des Widerstandes der alten Schule auf. Früher, als man Klebstoff noch zum Anfertigen von Plakaten verwendete, da waren noch Ideen, Wissen, Zusammenhalt und Einfallsreichtum der Treibstoff des Gelingens einer organisierten Widerstandsbewegung. Auch heute noch ist immer mal was los am Beluga-Dreieck. Informiert Euch zu Veranstaltungen und Aktionen gern auf der Website der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (LINK unten).

Noch heute hat man ja das Brennelemente-Zwischenlager (BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH) vor der Tür, wo seit 1995 ausgediente Brennelemente aus Kernkraftwerken aufbewahrt werden. Seit 2011 wurde hier aber kein neuer Müll abgeliefert, wo der 13. Transport wegen der Proteste über Tage dauerte, gab es keine weiteren großen Atommülltransporte nach Gorleben. Dennoch ist der Atom-Müll, der vor Ort ist, noch eine ganze Weile da - denn er erzeugt wohl immer noch Wärme und muss noch abkühlen, bevor er einem Endlager zugeführt werden kann... wo auch immer dieses dann sein wird.


Bewegte Bilder mit einer Zusammenfassung gibt es hier im Video:




Standort Beluga-Dreieck: GoogleMaps

BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg: LINK




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