30. Mai 2022

Zimmer frei seit 22 Jahren - Lost Place Hotel Werbellinsee


Der Werbellinsee liegt nördlich von Berlin in Brandenburg. Rings um den See befinden sich gepflegte Grundstücke und stehen prachtvolle Villen. Auch gibt es reichlich touristische Unterkünfte. Doch nicht alle Unterkünfte empfangen Besucher. Das Hotel Am Werbellinsee steht verlassen da und verfällt. Ein klassischer Lost Place, welcher eigentlich gar nicht mehr hier sein sollte.

Im Jahr 1957 wurde an der Stelle, wo heute das verlassene Hotel steht, in einem Bau der 30er Jahre eine Jugendherberge eröffnet. Sie trug den Namen "Werbellinsee". Allerdings brannte die Jugendherberge 1971 ab. Nur ein Nebengebäude, welches ebenfalls aus den 30er Jahren stammte, blieb erhalten. Dieses Gebäude steht heute noch an Ort und Stelle, gehörte vermutlich später auch zum Hotelkomplex und ist ebenfalls verlassen.


Die Jugendherberge wurde neu aufgebaut und 1972 eröffnet. Der Bau erfolgte im typischen eckigen und schlichten DDR-Stil.

Später war es dann ein Jugentouristhotel. Diese Art der Herbergen waren gerade bei jungen Menschen in der DDR sehr beliebt. Jugendtourist war eine Art Reisebüro der DDR-Jugendorganisation FDJ. Hier konnten junge Leute unter 27 Jahren günstig Reisen buchen. Die Jugendtouristhotels wurden sowohl national als auch international vermarktet. Nach der Wende firmierte der VEB Jugentourist um in Reisedienst und Touristenservice GmbH. Nur ein Jahr später übernahm der Reiseveranstalter ITS diese GmbH und 4 Jahre später Atlasreisen. Ob das Hotel bis 2000 von diesen dann vermarktet wurde und wer der Besitzer war, konnte ich nicht herausfinden.

Fakt ist jedoch, dass nach der politischen Wende diese Art Unterkunft wohl nicht mehr so gefragt war. Da half wohl auch der hoteleigene Badestrand nichts. Im Jahr 2000 wurde Insolvenz angemeldet. Die Herberge wurde aufgegeben, stand leer und der Verfall begann. Bis heute ist auf dem 70.000 Quadratmeter großen Areal touristisch nix los, obwohl es reichlich Pläne gab.

Im ehemaligen Hotel Am Werbellinsee sind noch Reste von Möbeln und Anlagen vorhanden. Es wurde nicht komplett entkernt - eher notdürftig leergeräumt. Ob das der ehemalige Besitzer war oder ob sich die "Besucher" der letzten 22 Jahre hier bedient haben, ist nicht festzustellen. Kabeldiebe waren hier und da wohl auch zugange. Gardinen hängen teilweise noch an den Fenstern, wobei die meisten Fenster keine Scheiben mehr haben. Nur in den Treppenaufgängen sind noch die Buntglasfenster teilweise drin. Die Zimmer haben überwiegend keine Türen mehr - diese liegen herausgetreten auf den Fluren. Graffiti gibt es relativ wenige für so ein großes Objekt. Alles in allem ist das Gebäude ziemlich vandaliert.




Man kann noch sehr gut den großen Küchenbereich mit Kühlkammer und Essensaufzug erkennen. Auch der große Saal muss früher mal richtig schick gewesen sein.






Auf dem Areal stehen noch weitere kleinere Gebäude. Was diese mal für eine Funktion hatten, lässt sich nicht mehr wirklich erkennen.



Im Jahr 2007 kaufte der Deutsche Ableger der Dänischen Kristensen Group das Gelände incl. der darauf befindlichen Gebäude und wollte 12 Millionen Euro investieren. Nach anfänglichen Problemen in den Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter gelang der Kauf dann im Oktober 2007.

Es sollte eine Ferienhaussiedlung mit dem Namen "MarinaResidenz Schorfheide" entstehen, so die Ankündigung auf der ITB Berlin im Jahr 2009. Geplant waren an die 80 Ferienhäuser mit 290 Betten in unterschiedlichen Ausführungen von 60 bis 110 Quadratmetern. Diese Ferienhäuser sollten an Investoren oder Selbstnutzer ab einem Kaufpreis von 115.000 Euro netto veräußert werden. Auch 50 Bootsliegeplätze am Ufer des Werbellinsee waren geplant.

Die Kristiensen Group hatte solche Ferienanlagen bereits zwischen 2005 und 2008 erfolgreich am Scharmützelsee in Bad Saarow und Wendisch Rietz aufgebaut und die Häuschen dann veräußert. In der Anlage in Wendisch Rietz war ich selbst schon zu Gast - wirklich tolle Häuser mit allem Komfort. So etwas hätte sich am Werbellinsee sicherlich auch gut gemacht.

Aber heute wissen wir, die Häuser stehen nicht da am Werbellinsee. Es steht immer noch die Hotelruine an Ort und Stelle. Warum? Eigentlich sollten bereits 2009 die ersten beiden Musterhäuser errichtet werden. Die Stadtverordneten von Joachimsthal haben einem Zeitungsbericht zufolge das Projekt unterstützt und wollten auch einen zügigen Fortgang. Bereits seit 2004 gab es einen Bebauungsplan für das Areal. Der damalige Investor zog sich dann allerdings zurück. Diesmal hoffte man, dass nach Änderung des Bebauungsplanes alles besser läuft. Die Baugenehmigung an die Kristensen Group wurde erteilt, ab 2010 sollten nun die Bagger rollen. 

Die Kristensen Group hatte auch zugesagt, das ebenfalls auf dem Gelände befindliche Fachwerkgebäude aus den 30er Jahren zu sanieren. Es diente ehemals als Verwaltungsgebäude des Reicharbeitslagers am Werbellinsee und steht unter Denkmalschutz. In der Märkischen Oderzeitung vom 9. Dezember 2008 war zu lesen, dass man bereits einen prominenten Künstler als Kaufinteressenten habe. Doch auch dieses hübsche Gebäude steht immer noch leer. Allerdings ist es ordentlich gesichert und scheint nicht so zu verfallen wie der DDR-Bau nebenan.

Im Sommer 2010 dann die Ernüchterung. Am 10.06.2010 stellte die Kristensen Group Deutschland Insolvenzantrag. Am 30.07.2020 wurde die Kristensen Group Deutschland GmbH aus dem Handelsregister beim Amtsgericht Charlottenburg (Berlin) als vermögenslose Gesellschaft von Amts wegen gelöscht. Die damals registrierte Internetdomain marinaresidenz-schorfheide.de ist inzwischen auch wieder zu haben.

Zum Schluss noch bewegte Bilder aus dem Objekt. Kommt mit auf einen Hotelrundgang:

Wem das Grundstück zur Zeit gehört und wie es damit weiter geht, dazu habe ich bei meinen Recherchen nichts finden können. Fakt ist, dass das Areal immer mehr verfällt und man es kaum nachvollziehen kann, dass so ein richtig gut gelegenes Stück Land seit nunmehr 22 Jahren keine neue Nutzung erfährt. Sollte jemand noch weitere Infos, Hintergründe oder gar Erlebnisse zu dem ehemaligen Hotel zu berichten haben, dann schreibts mir in die Kommentare!


weiterer Lost Place am Werbellinsee: Pionierrepublik Wilhelm Pieck



1 Kommentar:

  1. MrandMrsCrazy UrbEx24. November 2022 um 18:13

    Und wieder ist Hugolienchen eine große Hilfe bei der Recherche, wir wollen am Wochenende mal den Ort erkunden gehen, schade drum, gespannt was es noch zu sehen gibt ..... Grüße dagelassen

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